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Gedicht von James Noël anlässlich des Todes von George Floyd

Ich versuche seit einigen Tagen über die Lungen zu atmen, um zu sehen, wie sich die kleine Rolle des ohnmächtigen Kommentators der Sozialen Netzwerke und des Rassenirrsinns übernehmen ließe. Diese kleine Rolle des Schlüsselzeugen für geschlossene Türen in die Hand zu nehmen, ohne Hand an mich zu legen. Wie ein Fisch im Aquarium sehe ich mir mit weit aufgerissenem Mund die trübe Wirklichkeit der Welt an. George Floyd, ich versuche … mit deinem Namen im Kopf zu atmen, über die Lungen zu atmen, um dich zu erhalten, dich fortzusetzen.

Schwarzes Gebet
(zum Gedenken George Floyds)

Herr vergib mir
ich bin schon halber Atheist
ich richte mein schwarzes Gebet
an all diejenigen die beten
in Moscheen
in Kirchen
in Klöstern
in Voodootempeln
ich richte mein schwarzes Gebet
an all die Frauen die beten
und vom vielen Beten in der Frühe
schwarze Tränen weinen

ein aufrechtes Gebet
das sich den Spielregeln
nicht beugt
das sich dem Katechismus der Uhr
nicht unterwirft
ein Gebet das auf die Knie
des Polizisten zielt
der sich den Hals von Floyd
als Unterlage nahm

ein aufrechtes Gebet
ein Gospellied
das auf die Knie
die kalten Knie
des Polizisten zielt
der sich den Hals von Floyd
als Unterlage nahm
Beeil dich Herr
ich bin schon halber Atheist
Mach dass Letzterer
Nicht länger laufen kann

James Noël, Veules-Les-Roses, 1.6.2020
Übertragen von Rike Bolte

 

(C) James Noël, für Abdrucke bitte mit Litradukt Kontakt aufnehmen.