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Georges Anglade

Und wenn Haiti den USA den Krieg erklärt? / Als Haiti Deutschland den Krieg erklärte (Fragment)

»Eine brillante Politsatire.« Hans Christoph Buch, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Inhalt

In Haiti ist nichts so wie im Rest der Welt, auch nicht der Irakkrieg, denn dank ihm kommt einigen Leuten eine großartige Idee: Und wenn Haiti den USA den Krieg erklärt? Ein paar Bomben, eine Landung der Marines und sofort danach Wiederaufbauprogramme, von denen man sonst nur träumen könnte. Allerdings muss erst einmal ein Kriegsgrund her. Kein Problem, denn die Haitianer kennen ihre Yankees. Sollte das Ende der dreihundertjährigen Pechsträhne gekommen sein? Zwölf Stunden lang tanzen Amerikaner, Franzosen und die UNO nach der Pfeife des kleinen Inselstaates …

Die Neuauflage umfasst auch die Fortsetzung Als Haiti Deutschland den Krieg erklärte, von der durch den Tod des Autors beim Erdbeben von 2010 nur das erste Kapitel existiert. Das Fragment wird zehn Jahre nach seinem Entstehen erstmals veröffentlicht.

Autorenportrait

Georges Anglade, geboren 1944, aufgewachsen in der haitianischen Provinz, war als Geograph Autor mehrer Standardwerke über Haiti und führendes Mitglied der Demokratiebewegung seines Landes, deren Manifest er verfasste.Ein scharfzüngiger aber nie zynischer politischer Satiriker, der den meisten seiner Kollegen zwei Erfahrungen voraus hat: das Gefängnis (unter Duvalier) und ein Ministeramt (unter Aristide). Den haitianischen Lesern war er auch als Kolumnist der Zeitung Le Nouvelliste bekannt. Als Literat pflegte er das Genre der lodyans, das er als die typisch haitianische Literaturgattung wiederentdeckt und wiederbelebt hat. Georges Anglade starb am 12. Januar 2010 bei dem Erdbeben in Haiti.

Leseprobe

»Und wenn Haiti den USA den Krieg erklärt?« Die Frage tauchte urplötzlich am zehnten Tag des Irakkriegs auf. Am 29. März 2003. Hervorgesprudelt wie ein schwarzer Spermastrahl aus den Eingeweiden einer Ölquelle unter hohem Druck. In Port-au-Prince war es die Frage der letzten Chance. Die zu Ende gehende Trockenzeit hatte alles sonnengelb gebrannt. Tiere und Pflanzen blickten starr zum Himmel in der Hoffnung auf ein Zeichen oder sonst irgendetwas von oben, seien es auch Bomben oder gar Fallschirmjäger. Eben irgendetwas, damit das Treten auf der Stelle aufhörte, von dem man wahnsinnig wird, wenn es sich ewig in die Länge zieht. Auch die Menschen hatten alles zu gewinnen und nichts zu verlieren, denn das letzte Mittel konnte nur vom Himmel kommen. Aber wählerisch sein kam nicht in Frage, man nimmt, was runterkommt, mitsamt den dazugehörigen Kollateralschäden. Irakkrieg ist Irakkrieg.

Allerdings teilte sich die Menschheit mit Fernsehzugang an diesem Tag in zwei Gruppen. Da war zunächst jene Gruppe, die sich nur für die am Morgen dieses zehnten Kriegstages verkündete Selbstverständlichkeit interessierte. Sie waren hingerissen oder betrübt, aber der als proper, präzise, punktuell (ppp)(1) und blitzschnell hingestellte Irakkrieg zog sich hin und würde sich weiter hinziehen. Donald Rumsfeld schien an diesem Tag völlig daneben zu liegen mit seinen vier Divisionen von zwanzigtausend Mann, die, Blume im Gewehrlauf und Blumenketten um den Hals, zügig Richtung Bagdad marschierten: Aufrecht gegen den Wind, feiner Sand und bei jeder Mahlzeit heiße Hamburger mit Spiegelei, wie es bei den lustigen Marines Tradition ist. Es fehlten im Film freilich die Massen von jubelnden Statisten zu beiden Seiten des tausend Kilometer langen, aus dem Persischen Golf erstandenen Bandes, das durch dreitausend Jahre mesopotamische Geschichte hindurch nach Norden führt. Babylon, oh Babylon. Und der Tigris und der Euphrat! Sogar den Technikern, Fotografen, Journalisten und Kameraleuten, die in die Truppe aufgenommen worden waren, um für die Dauer von allerhöchstens einer Woche der ganzen Welt täglich Kino vorzuspielen, wurde die Zeit lang und der Atem kurz.

In den zehn Tagen war klar geworden, dass es ein schmutziger Krieg werden würde, so schmutzig wie alle Kriege, und dass es noch niemals saubere gegeben hatte. Schläge unter die Gürtellinie, die man austeilte und schnell vergaß, und Schläge unter die eigene Gürtellinie, an die man sich lange erinnerte. Ein kurzer Krieg möglicherweise, aber mit Sicherheit ein langer Schlamassel, in dem man lange feststecken würde. Man würde jahrhundertealte Streitigkeiten schlichten, allen zweimal täglich zu Essen geben, immer alles und jedes und vor allem das Schlimmste unter jeder Dschellaba und jedem Boubou befürchten müssen, ohne dass man deswegen allgemeine Nacktheit anordnen konnte. Man würde ein ganzes besiegtes Volk überwachen müssen, und dieses würde in Genf auf einmal entdecken, dass es verbriefte Rechte besaß, Rechte, von denen es sich unter der Diktatur Saddams niemals hatte träumen lassen, nicht einmal in seinen kühnsten Träumen. Am zehnten Tag war alles vollzogen und kein Fernseher musste mehr rund um die Uhr laufen. Nein, hingerissen oder betrübt, aber das, was es sonst noch aus dem Irak zu sagen und zu hören gab, konnte bis zu den üblichen Nachrichten warten oder ins normale Programm eingeschoben werden.
Und dann war da die andere Gruppe vor denselben Bildschirmen, die nur Augen und Ohren für die ausgewogenen Ernährungsrationen des WFP, des Welternährungsprogramms, und für die arbeitsplatzträchtigen Wiederaufbauverträge hatte: endlich Arbeit für alle nach einem Leben in Arbeitslosigkeit. Ganz zu schweigen von den ressourcenstrotzenden humanitären Organisationen, die eine Lawine von Schul- und Krankenhausbauten niedergehen lassen würden, der EU mit ihrem dicken Portemonnaie, die das gelockerte soziale Gefüge wieder festzurren, und dem Nichtregierungssektor, der, mit Mitteln reichlich ausgestattet, alles Unverträgliche unter einen Hut und alles ziellos Herumschweifende auf Kurs bringen würde. Was für eine Goldgrube! Und für all das brauchte man nur einen kleinen Krieg gegen reiche Bekehrungswütige wie die Amerikaner zu verlieren, denn es gibt nichts Schlimmeres, als einen Krieg gegen kleinliche und knauserige Nationen zu verlieren, wie es so oft Völkern geschieht, denen das Glück nicht hold ist. Read on my lips. Sie müssen zugeben, dass das schon dazu angetan war, dieser weder hingerissenen noch betrübten, sondern einfach nur ausgehungerten und verarmten Mehrheit von Fernsehzuschauern, die sich nur noch extremen Hoffnungen hingeben konnte, den Mund wässrig zu machen. Und wenn Ihnen als Gutmenschen, bevor sie dies hier gelesen haben, noch nie in den Sinn gekommen ist, dass neunhundertneunundneunzig Tausendstel der Menschheit möglicherweise davon träumen, dass ihre Regierung einen beschissenen Krieg wie diesen verliert, um endlich ihren Kindern etwas zu essen geben, sie auf die Schule schicken und ärztlich behandeln lassen zu können, um nicht mehr massakriert zu werden und nicht mehr unter entsetzlichen Qualen zu sterben – dann welcome hinter Ihrem Spiegel. Auf der Seite der Völker.

Die Idee mit diesem Krieg, den Haiti den USA erklären würde, war also unter dem Stapel von all dem Zeug entsprungen, das sich in zehn Tagen aufgehäuft hatte. Und wie bei allen neuen Ideen, die in der Lage sind, grässlichen Hunger zu stillen, musste man sich beeilen, damit sie einem nicht gestohlen wurde. Der Wettbewerb könnte hart werden, so zahlreich waren die Kandidaten in verzweifelter Lage, mit kaschierten Hungersnöten, zerstörten Infrastrukturen und verbotenen Hoffnungen, denen nur ein ppp-Krieg made in USA Aussicht auf das Manna verleihen könnte, das gleich nach den Bomben vom Himmel fallen würde. Allerdings musste man dafür einen Krieg ermöglichen und ihn so verlieren, wie es sich gehört, nämlich jubelnd. So verlangt es dieser Sieger, der kein großes Talent für den Umgang mit den verletzten Seelen der Besiegten besitzt. Und dann würde es endlich zur Kasse gehen.

An diesem Samstagmorgen des zehnten Tages saßen sich Magritte und Grant auf der Terrasse des Ange Bleu vis-a-vis der Kirche Sacré-Coeur de Turgeau gegenüber. Beide taten so, als konzentrierten sie sich auf eine Schale dicken heißen Kakao mit ein wenig Milch, die Spezialität des Hauses, so dass von ihrem Gespräch nichts zu hören war, nicht einmal die leiseste Änderung der Stimmlage. Die Chefin, die ein Mariengelübde abgelegt hatte und sich daher in Blau kleidete, behauptete, dass ihr Kakao im Himmel von den Engeln als Begrüßungstrunk gereicht werde. Daher der Name Ange Bleu, Blauer Engel, ein Name, ersonnen für einen schicken Salon mit lokalen Getränken und feinen französischen Patisserien. Namen sind in Haiti niemals einfach, und der volkstümliche Witz hatte bald durchschaut, welches doppelte Geheimnis hinter diesem hier steckte, und die Fassade des Lokals mit blauen Graffiti in Form von Rauten in Kakaotassen verziert. Als gute Christin und versierte Geschäftsfrau, welche ihr Gewerbe gegenüber der Kirche betrieb, hatte die Chefin sehr gut begriffen, welchen Vorteil sie daraus ziehen konnte, dass ihr Kakao mit Viagra assoziiert wurde, zumal ihre Kundschaft ältere bürgerliche Herren aus den benachbarten vornehmen Vierteln Turgeau, Babiole und Pacôt waren … Sie beklagte sich bei ihren Kunden tagelang mit koketter Schnute über diesen schmeichelhaften Vandalismus, den sie nie entfernen ließ. Nach einer Weile verdächtigte man sie, Urheberin der Graffiti zu sein.
Wäre Magritte nicht im Einsatz gewesen, hätte sie nicht mit Grant im Ange Bleu sitzen können, aber nichts verbot ihr, dies für ihre Geschäfte auszunutzen, und Grant musste einfach noch am selben Abend eine ausführliche Notiz über das Treffen zwischen dem amerikanischen Botschafter in Haiti und der »Mutter aller Schlachten« im angesagtesten Salon von Port-au-Prince an das State Department kabeln. In dieser winzig kleinen Welt kam das einer Pressekonferenz gleich. Am Turm von Sacré-Coeur schlug es acht Uhr morgens, als die zwei auseinandergingen. Sie wussten beide aus Erfahrung, dass sie nur einige kurze Stunden Vorsprung hatten, um persönlichen Profit aus den sich ankündigenden Ereignissen zu schlagen; danach würde der Massenansturm losgehen.

Pressestimmen

Frankfurter Allgemeine Zeitung, Hans Christoph Buch

Literatur aus und über Haiti hat es schwer im deutschen Sprachraum, wo die Frankophonie als Brücke fehlt. […] Nur wenige wissen, dass Haiti die zweitälteste Republik Amerikas ist, wo, anders als in den Vereinigten Staaten, nicht Kolonialherren, sondern Sklaven ihre Freiheit und Unabhängigkeit erkämpften. […]

Wer sich aus erster Hand informieren möchte, der findet in den von Peter Trier übersetzten Büchern des litradukt-Verlags reiches Anschauungsmaterial. Aus der auf mehrere Titel angewachsenen Buchreihe seien hier zwei herausgegriffen. Und wenn Haiti den USA den Krieg erklärt? von Georges Anglade ist eine brillante Politsatire, die auf der ebenso verblüffenden wie einleuchtenden Idee beruht, unter Haitis Kontinentalschelf würden ergiebige Ölvorkommen entdeckt, die den Habenichts über Nacht zum Zankapfel der Weltpolitik machen. Das Ganze ist nur ein Bluff, um Washington zu militärischem Eingreifen zu bewegen, damit, ähnlich wie im Irak und anderen Aggressionszielen, ein Geldsegen auf Haiti niedergeht. […]

Georges Anglade ist gelernter Geograph und war Minister unter Jean-Bertrand Aristide, den er nach dessen Sturz ins nordamerikanische Exil begleitete. Der Autor kennt sich aus in den Kulissen der Politik und karikiert die Schwächen der Mächtigen mit ins Schwarze treffendem Humor: […]. Dass die Sache nicht gut enden wird, ist von der ersten Seite an klar, aber die abstrusen Verwicklungen und der hanebüchene Höhepunkt, auf den der Konflikt zusteuert, sollen hier nicht verraten werden.

Auszug aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Hans Christoph Buch, 4. Februar 2009

www.sandammeer.at, Tanja Thome

Und wenn Haiti den USA den Krieg erklärt? ist nicht allein wegen seines satirischen Inhaltes eine Freude zu lesen, sondern gerade auch, weil Anglade es […] versteht, dem Leser Haiti ein Stück weit näher zu bringen. Es gibt einiges über dieses Land zu lernen, wie man bei der Lektüre feststellt, und nicht unwahrscheinlich ist, dass dieses Buch dazu anregt, sich auch nach dem Lektüreende genauer mit Haiti zu beschäftigen.

Und wenn Haiti den USA den Krieg erklärt? ist ein sehr unterhaltsames, kurzweiliges, zugleich jedoch auch ernstes, informatives und anspruchsvolles Buch, für das eine unbedingte Leseempfehlung ausgesprochen werden kann.

Auszug aus: www.sandammeer.at, Tanja Thome, Dezember 2007

Bayerischer Rundfunk, Bayern2 Kulturwelt, Hendrik Heinze

Sprecher: »Eine Handvoll Schwarze auf einem Felszipfel« – so beschreibt Georges Anglade seine karibische Heimat Haiti. 27 750 Quadratkilometer Elend, vom Meer umspült, vom Pech verfolgt und von der Welt bedauert. Besser werden kann es nur durch eine tollkühne Idee des Schriftstellers: Der Felszipfel Haiti erklärt den Vereinigten Staaten von Amerika den Krieg. […]

Es zeichnet gute Satire aus, dass der abwegigste Gedanke auf einmal nicht mehr absurd erscheint, sondern viel aussagt über seinen Gegenstand. Aus der Überzeichnung wird eine scharfe Zeichnung. Der Zeichner der USA-Satire und anderer kunstvoller Geschichten ist ein Mann, der beeindruckt. Von schwerer Gestalt, mit einem weißen Vollbart und ganz in schwarz gekleidet, sieht Georges Anglade aus wie ein Priester. Der 65-jährige lacht viel und holt zu großen Gesten aus, ganz der übersprudelnde Geschichtenerzähler. Seit 40 Jahren lebt Anglade in Haiti und Kanada und analysiert aus dieser doppelten Perspektive die Lage auf der Insel:

 

Georges Anglade: Katastrophal, weil das Land schlecht regiert ist. Allen Anstrengungen zum Trotz wird es zur Explosion kommen. Wir haben heute das gleiche Bevölkerungsverhältnis wie zur Zeit der Sklaverei: 99,5 Prozent der Haitianer sind so arm, dass es schon keine Armut mehr ist, sondern Elend. Und dann gibt es die anderen 0,5 Prozent – aber verzeihen Sie, ich sehe die Dinge wieder aus einer politischen und wissenschaftlichen Sichtweise und nicht mehr aus einer literarischen. Aber zwischen diesen zwei Sichtweisen habe ich noch nie getrennt.

 

Sprecher: Anglades Lebensmotto stammt von Antonia Gramsci, es ist eines Haitianers würdig: Pessimismus des Verstandes – Optimismus des Willens. Als Professor für Sozialgeografie erforscht Anglade die Struktur eines Landes, dessen komplette Mittelschicht ins Exil gegangen ist. Als Politiker verfasste er ein Manifest für einen demokratischen Aufbruch und diente als Minister, und als Autor schreibt er für eine Insel, auf der jeder zweite Erwachsene nicht lesen kann.

Seine Geschichten erzählt Anglade in der jahrhundertealten Tradition lodyans, eine Verballhornung des französischen audience – Publikum. Es ist die Erzählkunst der kleinen Leute, wenn sie sich bei Einbruch der Nacht vor dem Haus versammeln und einem der ihren zuhören. Wie kleine Landkarten skizzieren die Geschichten die wesentlichen Züge eines viel größeren Gebietes, farbenfrohe Miniaturen voller Wahrheit, Humor und Sprachwitz. Als die Familiendiktatur der Duvalier 1957 für drei Jahrzehnte an die Macht kam, war es vorbei mit den Erzählungen.

 

Georges Anglade: Die Geschichtenerzähler waren die Ersten, die man zum Schweigen gebracht und getötet hat. Die lodyans ist eine Erzählkunst, die keinen Menschen und keine Klasse verschont und die auch von den Eigenheiten der Herrschenden erzählt hat. Aber diese Minderheit hasste es, dass man über sie sprach und lachte. Die lodyans-Geschichten, die waren Dynamit: Subversive verspielte Erzählungen über Dinge, die nur vermeintlich für sich selbst stehen.

 

Sprecher: Die Geschichte dieser Erzählkunst ist die Geschichte der Insel selbst. Die Haitianer sind ein aus der Sklaverei geborenes Volk, zusammengeraubt aus allen Kulturen Afrikas. Auf den Zuckerrohrplantagen entstand die Sprache Kreolisch, die Religion Voodoo – und die Erzählkunst lodyans.

Zwei lodyans-Bücher von Anglade sind auch in Deutschland erschienen, seine Satire Und wenn Haiti den USA den Krieg erklärt? und sein wunderschöner Erzählband Das Lachen Haitis. Dieses Lachen, sagt Anglade, sei der Schlüssel zur lodyans und zum Verständnis einer leidgeprüften Insel:

 

Georges Anglade: Ich sah Leute aus dem Verhörgefängnis kommen, und sie haben gelacht. Es ist ein Lachen, das schon die Sklaven hatten. Die Haitianer schaffen so eine große Distanz zu sich selbst und den Dingen, die ihnen widerfahren. Dieses Lachen ist unsere Erzählhaltung – es macht sich gleichzeitig über die Geschichte lustig und über den, der sie erzählt. Aus diesem Geist entstand unsere Erzähltradition, das Lachen Haitis. In unserer derzeitigen Lage gibt es eigentlich überhaupt keinen Grund zu lachen. Und trotzdem lachen alle.

Auszug aus: Bayerischer Rundfunk, Bayern2 Kulturwelt, Hendrik Heinze, 28. Oktober 2009

"Aus Verzweiflung lachen", ORF1, 4. März 2010

“Und wenn Haiti den USA den Krieg erklärt?” – um nämlich die USA für die durch die bewaffnete Auseinandersetzung entstandenen Schäden verantwortlich zu machen und den “Wieder”aufbau der Infrastruktur nach dem Muster des Irak einzufordern – ist eine bitterböse Satire, die den Haitianern den Spiegel vorhält und uns ein wenig Einblick in das tiefe Gestrüpp der politischen Un-Möglichkeiten gewährt.

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